Bewertungen für Wer bin ich und wenn ja warum
Wer bin ich und wenn ja warum
Ein Buch über das Werden, das Verstehen und das Sein
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E
Eliza T
29.10.2025
Ehrlich, nah, ermutigend: ein Buch, das von innen führt
Dieses Buch hat mich nicht mit Thesen überzeugt, sondern mit Erfahrung – roh, reflektiert und sprachlich präzise. Dr. Jochen Tinn erzählt seine Reise vom „Funktionieren“ zum „Echt-Sein“: vom katholischen Kindergarten mit Weihrauch und Disziplin über Bundeswehr und Konzernjahre bis zur stillen, aber radikalen Wende hin zu Sinn, Haltung und Vertrauen. Besonders stark sind die Kindheitskapitel und ihre Nachklänge im späteren Berufsleben: Wie aus „leise sein“ unsichtbar werden kann – und wie man diese Prägungen später bewusst überschreibt. Der Text arbeitet mit klaren Bildern und kleinen, treffsicheren Sätzen, die wie Markierungen wirken („Zutrauen ist die leiseste Form der Führung“). Man liest nicht Management-Ratgeber, sondern gelebte Ethik.
Strukturell führt das Buch in gut greifbaren Etappen (Prolog, frühe Prägungen, „Gesellschaft der Spiegel“, „Führen ohne Maske“, Epilog „Heimkehr“). Die Kapitel über Systeme, Angst-Sprache und Masken gehören für mich zum Besten, was es derzeit über Führungskultur gibt: kein Poster-Vokabular, sondern Diagnose und Gegenentwurf – zuhören statt kontrollieren, Klarheit statt Kosmetik, Vertrauen als tägliches Wagnis. Besonders berührend: die stillen Mentor-Figuren (Willi!), die zeigen, dass prägende Führung oft im Satz „Mach halt, und lern draus“ liegt – nicht in Folien.
Stilistisch bleibt Tinn durchgehend nahbar: kurze Absätze, pointierte Aphorismen, wiederkehrende Motive (Licht/Schatten, Strom/Verbindung, Stille/Resonanz). Das macht das Buch zugleich zitatfähig und sehr gut lesbar – auch in Pausen. Wer gerade an Führung, Selbstbild oder Sinn zweifelt, findet hier keinen erhobenen Zeigefinger, sondern eine ernst gemeinte Einladung: weniger Rolle, mehr Mensch; weniger „Performance“, mehr Bedeutung. Mein Fazit: ein reifes, warmes, mutiges Buch – und eines, das man nach dem Zuklappen erst richtig weiterliest: in der eigenen Praxis.